TRAUER VERSTEHEN

Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie vergessen würde: Ich vergesse dich nicht. Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände, deine Mauern habe ich immer vor Augen.

Aus dem Buch Jesaja


Trauer – eine schwere Zeit der Prüfung
Jede Trauer ist einzigartig, sie bewegt unser Innerstes – in jedem von uns. Seinen Ehepartner zu verlieren, sein Kind, seinen Vater oder seine Mutter, einen Bruder oder eine Schwester, einen freund oder Bekannten – das bedeutet eine fürchterliche Zeit der Prüfung.

Jede Trauer unterscheidet sich von der andren. Das liegt in der Natur des Verlusts, seiner Wucht, an der Unterstützung, die einem zuteil wird  oder vielleicht auch nicht. Weil es immer ein schwieriger Weg ist, bleibt die Trauer eine notwendige Aufgabe, damit das Leben weitergehen kann. Trauer verläuft immer in mehreren Etappen, die unterschiedlich lang dauern können. Man kann folgende Phasen unterscheiden:

  • Der Schock: Man ist buchstäblich geschockt und verzweifelt durch die Nachricht des Todes.
  • Eine normalerweise kurze, aber sehr schmerzhafte Phase, in der die Wirklichkeit verweigert oder gar bekämpft wird.
  • Eine längere Zeit der Traurigkeit, in deren Verlauf man sich an den Verstorbenen erinnert. Eine sehr zurückgezogene Zeit.
  • Schließlich eine Phase der Erholung, in der man mit dem Verlust einer geliebten Person neu zu leben lernt.

Schock und Auflehnung
Wie sollen wir leben, ohne zu verdrängen, dass auch wir eines Tages sterben werden? Ohne diese Verdrängung wäre das Leben auch ziemlich schwierig! Mit denen, die wir lieben, ist es dasselbe: Wie sollen wir ohne sie leben und was soll aus uns werden, wenn wir einen von ihnen verlieren?

Aus diesem Grund sind wir unvorbereitet, fassungslos, tief getroffen, wenn wir mit solch einem Ereignis konfrontiert werden. Der Vater, den ich geliebt habe, ist nicht mehr da, was soll jetzt aus mir werden? Meine Frau, mit der ich so glücklich war, ist tot, wie kann ich überhaupt weiterleben? Die Zeit bleibt stehen. Und wir können das Rad nicht zurückdrehen.

Nach den Worten: „Das ist doch nicht möglich! Ich kann das nicht akzeptieren!“ folgt die zweite Phase, die meistens nicht so lange dauert – die Auflehnung. „Warum er? Warum trifft es mich und niemand anderen? Warum jetzt?“

Ein Gefühl der Ungerechtigkeit steigt auf. Man beklagt die Geschehnisse, die Umstände und manchmal auch Gott: „Wenn es Gott wirklich gibt, hätte er das nie zulassen dürfen!“

Depression
Der Schock und die Auflehnung rufen eine allgemeine Erschöpfung hervor. Man verliert den Appetit, schläft schlecht, man schleppt sich durch den Tag. Als ob plötzlich alle körperlichen und psychologischen Spannungen nachlassen würden, die es uns bis jetzt ermöglicht haben, das Unabwendbare zu akzeptieren. Dieser Druck, der da abfällt –  manche sprechen von Depression – ist aber notwendig, um allmählich wieder die Realität im eigenen Leben zuzulassen. Denn der Kummer zerstört einen auf Dauer. Es braucht oft Monate, um den Tod einer nahestehenden Person zu überwinden. Man bleibt manchmal besessen von den letzten Momenten mit dem Verstorbenen, weil vielleicht die Umstände seines Todes dramatisch waren. „Wenn ich nur da gewesen wäre…“ Man grübelt, man hat Schuldgefühle.

Anschließend erträgt man eine lange Zeit der Traurigkeit. Man bricht plötzlich in Tränen aus, wenn eine bestimmte Situation oder ein bestimmter Ort ganz plötzlich die Erinnerung an den, der nicht mehr da ist, lebhaft aufblitzen lässt. Die Trauerarbeit in dieser Leidenszeit ist untrennbar verbunden mit der allmählichen Akzeptanz, dass der Mensch, den man liebte unwiederbringlich verloren ist. In dieser Phase, die im Allgemeinen weniger als ein Jahr dauert, kann es eine Hilfe sein, wenn man sich anderen öffnet, um mit ihnen über das eigene Leid zu sprechen. Das hilft, den Verlust gänzlich zu akzeptieren und den Verstorbenen in liebender Erinnerung zu behalten. Das Gebet und der Besuch auf dem Friedhof können uns ebenfalls trösten.

Erholung
Normalerweise kommt etwa nach einem Jahr die Phase der Neuorientierung. Man findet sein Lächeln wieder. Man fühlt sich wieder in der Lage, das Leben in Angriff zu nehmen: Man lernt vielleicht einen neuen Partner kenn, öffnet sich wieder dem Leben. Diese Phase kann durch kurzzeitige Rückfälle unterbrochen werden, zum Beispiel am Geburtstag des Toten oder einem Familienfest wie Weihnachten. Das sind Momente, in denen man sich die Abwesenheit des geliebten Menschen schmerzhaft bewusst macht. Indem man durch den Tod eines anderen auch mit dem eigenen Tod konfrontiert wurde, lernt man langsam wieder zu leben.

Wenn das Leid mich erdrückt

Herr Jesus, wie könnte ich beten, wenn das Leid mich erdrückt und ich nicht mehr kann.

Du, der du den Abgrund des Leids erfahren hast, sei heute mit mir stark.
Du, der du bis zum Ende standgehalten hast, hilf mir durchzuhalten.
Du, der du lebst, bete für mich durch den Heligen Geist.

Und während ich deinen Leidensweg weitergehe, hauche mir den Atem deiner Auferstehung ein.

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